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Der Gipfel des EU-Rats vom 28 und 29 Juni 2018 hat eine Reform des Dublin-Abkommens endgültig zu Grabe getragen. Obwohl das Europäische Parlament im November des vergangenen Jahres einem Text zustimmte, der den ersten Schritt in Richtung eines neuen gemeinsamen europäischen Zugangs zum internationalen Schutz darstellen hätte können, haben die allgemeine Hysterie, in der der Gipfel stattfand, die taktischen Positionierungen zahlreicher Mitgiedsstaaten, das selbstbeschädigende Verhalten Italiens und das Veto der Višegrad-Staaten deutlich vor Augen geführt, wie sehr sich die EU in einer Krise befindet, was eine gemeinsame Haltung in der Asylfrage betrifft. Die egoistischen Interessen der einzelnen Staaten, die Erpressung, die Häfen geschlossen zu halten, sowohl durch Salvini-De Maio als auch durch den Premierminister Conte, der dies auf den Verhandlungstisch legte, hatten, angereichert von einer ordentlichen Portion Zynismus, Vorrang vor jeglicher auch nur hypothetisch angedachten Möglichkeit, die Verantwortlichkeit für die gestellten Asylanträge gerecht auf die einzelnen Mitgliedsstaaten aufzuteilen.

Genau aufgrund dieser Unfähigkeit und wegen des Mini-Gipfels der europäischen Innenminister, der vor wenigen Tagen in Innsbruck stattfand, brachte man erneut die Brenner-Route ins Gespräch, insbesondere die Grenzen zwischen Deutschland – Österreich – Italien. Die Berichterstattung hat die durch und durch politische Polemik mehrheitlich aufgegriffen, welche die Errichtung von „Transitzentren“ in grenznahen Zonen forderte sowie eine massive Verstärkung der Kontrollen auf Straßen, in Zügen und an den Grenzübergängen, alles Vorschläge, die dazu dienen sollen, die so genannte sekundäre Migration und die als illegal bezeichneten Migranten zu bekämpfen.

Antenne Migranti, ein Projekt, das die Situation der Migranten in den Bahnhöfen und Städten entlang der Linie Verona-Brenner monitoriert und seit knapp zwei Jahren die Migrationsbewegungen am Brenner beobachtet, betont, dass ein Großteil der politischen Aussagen von einer extremen Rhetorik des Ausnahmezustands und von einer verfälschten Sichtweise auf die Realität geprägt sind – was es nicht leichter machen wird, der Situation mit Vorschlägen zu begegnen, die die Grundrechte und den Schutz der Allerschwächsten, die sich innerhalb des europäischen Raums bewegen, garantieren.

Wie ausführlich im Bericht „Entlang der Brenner-Route“ (“Lungo la rotta del Brennero”) beschrieben wurde, muss daran erinnert werden, dass an der Grenze zwischen Italien und Österreich grobe Verletzungen dieser Rechte dokumentiert wurden und es systematische Kontrollen der Menschen mit nicht-europäischen Gesichtszügen gibt, bereits im Zug und vor dem Erreichen der Grenze. Es wurden Rückweisungen vonseiten beider Grenzpolizeien festgestellt, die es den Personen nicht erlaubten, an der Grenze um Internationalen Schutz anzusuchen, wie vom Gesetz vorgesehen. Damit wurde der Plan des deutschen Innenministers vorweggenommen, der bereits seit einiger Zeit von allen drei Ländern praktiziert wird.

Des weiteren wurde beobachtet, dass die Vorgangsweisen, die von den bilateralen Abkommen in Bezug auf die Rücküberweisungen vorgesehen sind, auch in jenen Fällen angewendet werden, in denen die Asyl beantragenden Personen bereits im EURODAC identifiziert wurden, wo hingegen die korrekte Verfahrensweise jene der Rücküberweisung gemäß dem Dublin-Abkommen gewesen wäre. Nicht zuletzt wurden auch Zurückweisung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen durch die österreichische Polizei beobachtet.

Der Vorschlag Deutschlands, Transitzentren in grenznahen Zonen zu errichten, steht außerhalb des europäischen Rechts: solche Zentren sind nur an den Außengrenzen, aber nicht innerhalb des europäischen Raums möglich. Des weiteren ist eine Festhaltung, die 48 Stunden überschreitet, ohne richterliche Anweisung nicht möglich. Wie die Vereinigung Pro Asyl festhält, ist ein beschleunigtes Asylverfahren so, wie es beschrieben wird, nicht anwendbar, während die Dublin-Verordnung die rechtliche Basis darstellt, wonach die Flüchtlinge in die für die Prüfung ihres Asylantrags zuständigen Staaten überführt werden. Die Dublin-Verordnung gilt auf gesamteuropäischer Ebene und kann nicht durch nationale Gesetze oder durch bilaterale Abkommen zwischen Österreich und Deutschland außer Kraft gesetzt werden.

Die als legitim angesehene Durchsetzung der Zurückweisung jener, die innerhalb des europäischen Raums um Internationalen Schutz ansuchen, an einer Grenze würde jegliches Asylrecht auf europäischer Ebene aushöhlen. Wenn dies de facto bereits geschieht (Zurückweisungen an der Grenze und Rücküberweisungen, die nicht der Dublin-Verordnung entsprechen), so muss nach der Ursache gefragt werden, weshalb genau jetzt wieder eine Polemik entfacht wird, die erneut für einen Zugang mit „hotspots“ plädiert, so wie 2015 für Italien und Griechenland.

In den Massenmedien herrscht tatsächlich eine gewisse Verwirrung, was die Anzahl der so genannten irregulären Migranten, die von der Grenzpolizei aufgegriffen werden, betrifft. Faktum ist, dass die äußerst geringe Anzahl von Migranten, die an der Grenze beobachtet werden, entlarvt, wie sehr der momentane Diskurs nicht auf Daten und Fakten aufbaut, sondern einen politischen Plan verbirgt.

Gemäß den von der österreichischen Grenzpolizei zur Verfügung gestellten Daten wurden auf österreichischem Territorium im ersten Halbjahr 2018 149 Personen auf Güterzügen aufgegriffen, ein deutlicher Rückgang im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2017.

Gegenüber den 2.894 Migranten, die von der italienischen Grenzpolizei im Lauf des Jahres 2017 auf unterschiedlichen Transportmitteln aufgegriffen wurden, bevor sie Italien verlassen konnten, waren es im Jahr 2016 11.812 Personen, die von der österreichischen Polizei in Tirol aufgegriffen wurden. Diese Zahl enthält auch die Migranten, die von Deutschland rückgewiesen wurden, sowie jene, die über andere österreichische Grenzpässe nach Tirol gekommen sind, nicht nur über den Brenner.

Auch die Statistiken von Eurostat in Bezug auf die gestellten Asylanträge belegen, dass wir uns in keinem Notstand befinden; die Daten der ersten drei Monate 2018 besagen, dass Deutschland mit 40.140 Asylanträgen an erster Stelle steht, gefolgt von Frankreich mit 27.195 und Italien mit 18.760 Asylanträgen. Allerdings geben diese Statistiken keine Auskunft darüber, wann die Asylantragsteller nach Deutschland eingereist sind, noch über welche Grenze.

Alle Aussagen von Bundeskanzler Kurz, von den Innenministern Salvini und Seehofer sind daher, abgesehen von einigen unwesentlichen Meinungsverschiedenheiten und Unterschieden, allesamt als ein weiterer Versuch zu bewerten, eine Invasion herbeizureden, die es nicht gibt, um einen größeren Handlungsspielraum im Süden, im Mittelmeer zu erreichen. Die Chronik der vergangenen Tage, so wie auch die Entscheidungen des EU-Rats [[„Punkt eins: Der Europäische Rat bekräftigt, dass ein umfassendes Migrationskonzept, das eine wirksamere Kontrolle der Außengrenzen der EU, verstärktes auswärtiges Handeln und die internen Aspekte im Einklang mit unseren Grundsätzen und Werten miteinander verbindet, die Voraussetzung für eine funktionierende Politik der EU ist. Dies ist eine Herausforderung nicht nur für einen einzelnen Mitgliedstaat, sondern für Europa insgesamt. Seit 2015 wurde eine Reihe von Maßnahmen getroffen, um die wirksame Kontrolle der EU-Außengrenzen zu erreichen. Dadurch wurde die Zahl der festgestellten illegalen Grenzübertritte in die EU seit ihrem Höhepunkt im Oktober 2015 um 95 % verringert, auch wenn seit kurzem ein Anstieg
der Migrationsbewegungen entlang der östlichen und der westlichen Mittelmeerroute zu verzeichnen ist.“
https://www.consilium.europa.eu/media/35938/28-euco-final-conclusions-de.pdf]] von Ende Junii lassen daran keinen Zweifel.

Antenne Migranti verurteilt die Kurzsichtigkeit dieser Politiken aufs Schärfste. Diese sind unfähig, gemeinsame Garantien auf europäischer Ebene zu liefern, die die Menschenrechte respektieren, welche in den wesentlichen Konventionen und in den Gesetzen zum Internationalen Schutz festgelegt und verankert sind. Nur durch eine generelle Änderung im Zugang zu den Migrationsbewegungen wird es möglich sein, ein Europa aufzubauen, das nicht nur die Summe der nationalen Egoismen ist. In diesem Zusammenhang sind wir davon überzeugt, dass eine kulturelle und politische Kampagne zur Reform der Dublin-Verordnung nötig ist sowie die Einführung eines europäischen Aufenthaltstitels für alle in Europa sich aufhaltenden Migranten.

Daher haben wir uns auch der internationalen Kundgebung am 14. Juli in Ventimiglia (14 luglio a Ventimiglia) angeschlossen.

Antenne Migranti

Antenne Migranti, monitoraggio lungo la rotta del Brennero.
Un progetto finalizzato al monitoraggio della situazione dei migranti nelle stazioni e nelle città sulla linea Verona-Brennero, sostenuto dalla Fondazione Langer e da un contributo di Open Society.
Collabora con ASGI - Associazione Studi Giuridici sull’Immigrazione per consulenze, casi di presa in carico legale e per azioni di formazione congiunta.